Dienstag, 23. Januar 2018

Outing-Blockade

Wenn men bedenkt, dass ich erst seit knapp 2 Jahren selber Bescheid weiß, habe ich mich schon richtig oft geoutet.
Treibende Motivationen dahinter waren, dass ich gerne ich selbst bin und mich nicht verstecken will und, dass ich meinen Freunden und Familienmitgliedern gegenüber fast nichts verheimlichen kann.

Ich persönlich finde, Asexualität ist genau so "viel wert" wie jede andere sexuelle Orientierung und jedes Outing kann seine Probleme mit sich bringen. Zum Beispiel:

- wenn eine lesbische Frau sich bei ihren Freundinnen outet, gibt es Reaktionen wie "aber nicht, dass du dich jetzt zu mir hingezogen fühlst.."
(Das ist eine völlig unnötige Angst, weil man nicht automatisch allen Menschen des "passendes Geschlechts" gegenüber Anziehung empfindet.)

- Pansexuelle (=sexuelle Anziehung basiert nicht auf der Geschlechtsidentität ihres Gegenübers) werden manchmal gefragt, wo ihre Anziehung denn endet - ob sie auch Tiere anziehend finden.
(Das ist natürlich eine richtig, richtig verletzende und dumme Aussage)

In den letzten Jahren sind die Menschen in unserer "westlichen Welt" zum Glück immer offener geworden, was sexuelle Orientierungen betrifft. Homosexualität wir meistens akzeptiert oder zumindest toleriert. An der Akzeptanz von Bi- und Pansexualität und auch verschiedenen Genderidentitäten wird noch gearbeitet, aber ich denke wir sind auf einem guten Weg.

Aber mir ist in meinem eigenen Leben und beim Lesen vieler Blogeinträge und Artikel über Asexualität wieder einmal aufgefallen, dass asexuelle (und aromantische) Menschen bei ihrem Outing eine zusätzliche Schwierigkeit haben:
Wir müssen erklären was das bedeutet.

Wenn jemand sagt er sei schwul, weiß jeder, er findet Männer anziehend.
Wenn jemand sagt er sei bisexuell, verwirrt das zwar immer noch einige homo-, hetero- und asexuelle, aber im Grunde verstehen alle, dass diese Person sowohl Männer als auch Frauen anziehend findet.

Aber "ASEXUELL" haben die meisten noch nicht einmal gehört! (mit Außnahme von der asexuellen/ungeschlechtlichen Fortpflanzung mancher Lebewesen, die man im Biologieunterricht gelernt hat, aber das ist was anderes..)

Sogar bei den LGBT-offensten Menschen musste ich noch genauer erklären, was "Asexualität" überhaupt ist.

Meistens ist das zwar etwas nervig, aber alles nicht wirklich ein Problem. Die Leute bei denen ich mich bisher persönlich geoutet habe, waren alles Freunde und Familienmitglieder. Die haben geduldig zugehört und versucht meine Erklärung zu verstehen und nachgefragt, wenn etwas unklar war. Manche Fragen kommen erst nach einiger Zeit - dafür habe ich natürlich auch Verständnis und bin immer bereit Dinge zu erklären.

ABER schwierig wird das ganze, wenn ich bei jemandem geoutet werde/bin, der nicht versteht, was das alles bedeutet, mir keine Chance gibt es zu erklären und womöglich falsche Annahmen verbreitet.

Genau das ist beispielsweise der Hauptgrund dafür, dass ich in der neuen Firma bis auf weiteres ungeoutet bleiben will. Wenn es ein paar Menschen erfahren, spricht es sich bestimmt rumm und ich habe keine Möglichkeit alle Kollegen hinzusetzen und ihnen meine Orientierung zu erklären. Und ich bezweifle, dass sich mehr als 3-4 Personen die Mühe machen meinen Blog zu lesen.

Vielleicht trau ich meinen Kollegen zu wenig zu, aber ich bin da lieber etwas vorsichtig, bevor sich seltsame, unwahre Gerüchte verbreiten. Und vor allem will ich nicht, dass Menschen von der Existenz von Asexualität wissen, aber etwas falsches darunter verstehen.

Um nochmal kurz zum Hauptthema zurückzukommen:
Asexuelle haben es relativ schwer wenn sie sich outen. Um das zu ändern müssen wir alle gemeinsam "anpacken" und für mehr Aufmerksamkeit sorgen.

Also bitte redet darüber (wenn es ins Gespräch passt) & teilt den Blog! :)

Donnerstag, 11. Januar 2018

Akzeptanz

Wer mich kennt weiß, dass man mich ca. 1x die Woche im Kino findet.
Diese und letzte Woche war ich sogar je 2x. Der Grund dafür: der geniale Film namens "The Greatest Showman".
Ich habe ihn letzten Sonntag und letzten Dienstag gesehen und werde ihn morgen (Sonntag) noch einmal sehen. Wieso ich den Film (der übrigens ein Musical ist) so oft in kurzer Zeit sehe, will ich euch hier erklären:

Der Film handelt von P.T. Barnum, dem Erfinder des Zirkus und erfolgreichen Showman. Sein Zirkus beginnt als Wachsfiguren-Kabinett und führt ihn dann zu außergewöhnlichen Menschen, mit denen er Shows aufführt.

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Die Story des Films basiert nur ein wenig auf den wahren Begebenheiten, deshalb lassen wir Gedanken daran jetzt einmal weg.
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Die "außergewöhnlichen Menschen" im Film sind tolle, liebe Menschen, die einfach nur aus der Norm ausbrechen, was ihr  Äußeres betrifft. Darunter befinden sich u.a. stark behaarte Menschen, ein Kleinwüchsiger, ein besonders großer Mann, jemand mit Albinismus und auch zwei schwarze Turner. (Der Film spielt im 19.Jahrhundert, deshalb hat die Hautfarbe eines Menschen in dem Film noch eine größere Bedeutung als heute)

Hugh Jackman, der P.T. Barnum im Film verkörpert, beantwortet die Frage, worum es im Film geht, unter anderem mit "Toleranz" und "Inklusion".
Für mich geht es vor allem um Akzeptanz.
Und genau das ist auch was mich an dem Film so packt. Natürlich, die genialen Lieder und atemberaubenden Performances sind toll und beeindruckend. Aber der Grund für meine Gänsehaut während dem Film war vor allem der Zusammenhalt und der Stolz der außergewöhnlichen Menschen im Zirkus.

Besonders emotional ist für mich "This is Me" - DAS Lied der bärtigen Dame (Lettie).
In dem Lied geht es um die Schwierigkeiten von Personen, die aus der Norm ausbrechen. Es ist der Moment in dem diese Frau endgültig beschließt sich nicht mehr fertig machen zu lassen, sondern zu ihr selbst zu stehen. Und sie versucht den anderen Zirkus-Leuten Mut zu machen, damit auch sie so denken.

Ich finde, man kann diese ganzen Emotionen, Ängste, Gedanken,... sehr gut auf Menschen mit unterschiedlichen sexuellen/romantischen Orientierungen und auch gender-Identitäten anwenden.
Deshalb spreche ich meinen Freunden gegenüber bei dem Lied immer von einer Queer-Hymne.
Ich habe verschiedene LGBTQ-Freunde (da gibt es genderqueers, homo-, bi-, a- und pansexuelle) und ich höre oft, wie schwierig es ist, anderen Menschen gegenüber und in der "Öffentlichkeit" zum eigenen "anders-sein" zu stehen. Ich weiß das ja auch selbst (siehe: meinen letzten Blogeintrag zum un-geoutet sein).

"This is Me" kann uns alle lehren, stolz auf unsere Identitäten und Orientierungen zu sein, weil diese einfach zu uns gehören. Denn: "I know that there's a place for us, for we are glorious!" (DE: Ich weiß, dass es Platz für uns gibt, weil wir glorreich/herrlich sind!)

Früher oder später müssen die cisgender, heterosexuellen Menschen uns diesen Platz einräumen! Und wenn man sich umschaut und offen ist, findet sicher JEDER einen queeren Menschen in seiner direkten Umgebung! Ich zum Beispiel habe jeweils mindestens eine/n in jedem meiner Freundeskreise.

Deshalb, mein Aufruf an alle asexuellen, bisexuellen, homosexuellen, pansexuellen, gender-nonbinary, transsexuellen und aromatischen Menschen da draußen (und alle Orientierungen und Identitäten, die ich gerade ausgelassen habe):
Steht zu euch! Niemand hat das Recht euch das zu verbieten und wenn jemand versucht euch deswegen fertig zu machen, sollte euch diese Person nicht wichtiger sein als euer Stolz. Außerdem habt ihr eine tolle, starke Community, die hinter euch steht!

Und zur Community intern: alle LGBTQ+ Leute müssen dringend aufhören, einander auszuschließen. Wenn wir einander keine Akzeptanz zeigen, wie sollen es dann die unerfahrenen cisgendered Heterosexuellen lernen?

Nicht-asexuelle denken jetzt vielleicht ich mach mich zu wichtig und  übertreibe, weil ich ja eigentlich auch ein cisgendered Hetero bin, der 'nur' keine sexuelle Anziehung spürt. Aber ihr wisst nicht, wie die Blicke sich anfühlen. Die Blicke von Menschen, die Bescheid wissen und einfach nicht fassen können, dass jemand KEINEN Sex haben will. Diese Blicke sind verletzend.
Bestimmte Fragen, die ich bekomme, sind verletzend.
Menschen, die denken es stimmt was nicht mit mir, sind verletzend.
Und all diese verletzenden Dinge machen es mir schwer, zu mir selbst zu stehen.

Aber, wie die bärtige Dame in ihrem Lied singt:
"I am brave, I am bruised, I am who I'm meant to be. This is me!"

(DE: ich bin mutig, ich bin verletzt, ich bin wer ich sein sollte. Das bin ich!)

Link zum Song: This is Me