Montag, 26. Februar 2018

Empfinden und Handlung

Ab und zu, wenn ich mich bei Freunden oute, passiert es, dass ich folgende Aussage höre:
"Vielleicht bin ich das auch!"
Mit Begründungen wie beispielsweise:
"Ich brauch nicht unbedingt Sex"
Oder
"Ich bin ja auch so schüchtern und wählerisch bei der Männer-/Frauenwahl!"

Mit den Menschen rede ich dann meistens genauer darüber, ob das Asexualität sein könnte. Und dabei ist vor allem eines wichtig: was man fühlt und was man tut sind unterschiedliche Dinge.

Kurz: es gibt Sexuelle, die keinen Sex haben und es gibt Asexuelle, die Sex haben.

Asexuell zu sein bedeutet, keine sexuelle Anziehung zu spüren. Also, dass man keiner Person gegenüber das Verlangen nach sexueller Handlung hat. Oder (um auch die Grauzonen der Asexualität miteinzubeziehen) nur ganz selten oder unter besonderen Umständen.

Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass der so genannte "Sex Drive" (=Sexualtrieb/Geschlechtstrieb/Libido) im Grunde nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun hat. Der Sex Drive ist etwas, das mit dem eigenen Körper zu tun hat. Man spürt das Verlangen nach sexueller Handlung (wichtig: nicht unbedingt mit einer anderen Person!), Stimulation der Geniatalien etc.
Der Sex Drive ist wichtig für die Erhaltung der Menschheit - ohne ihn würden wir vermutlich aussterben.

Nun ist es eben so, dass es viele Menschen gibt, die eine sexuelle Orientierung UND einen "normalen" Sex Drive haben. Und dann gibt es:
- Sexuelle mit schwachem Sex Drive
- Asexuelle mit "normalem" Sex Drive
- Asexuelle mit schwachem Sex Drive

Sexuelle Menschen mit schwachem Sex Drive sind zum Beispiel Personen, die Sex nicht unbedingt vermissen, wenn sie eine Weile keinen haben. Und auch Leute, die eher faul sind was Sex angeht - sie müssen sich in einer Beziehung zum Beispiel eher dazu "aufraffen" Sex zu haben, finden ihren Partner (und andere) aber durchaus sexuell anziehend.

Bei Asexuellen ist es weniger ein "Problem", wenn sie einen schwachen Sex Drive haben. Sie empfinden dadurch einfach weder anderen gegenüber sexuelle Anziehung, noch das Bedürfnis nach sexueller Stimulation.
(Allerdings können auch diese Menschen Sex haben!)

Bei Asexuellen mit Sex Drive kann es manchmal zu Verwirrung kommen. Man will zwar, dass z.B. die Genitalien stimuliert werden, aber nicht wirklich von anderen Personen. Das sind dann z.B. die Asexuellen, die masturbieren.

Manche Asexuelle in Beziehungen mit sexuellen Personen nutzen ihren Sex Drive dazu, mit ihrem Partner Sex zu haben, weil sie trotz fehlender sexueller (!) Anziehung den Sex Drive als "Motivator" haben.

Ich als Asexuelle kann nur von außen darüber reden, wie sich sexuelle Anziehung wohl anfühlt. Ich habe schon Erzählungen/Erklärungen gehört und gelesen, aber ich kann mir echt nicht vorstellen wie es ist diese Art der Anziehung wirklich zu fühlen!

Viele Asexuelle - auch ich - wurde bei Outings gefragt, ob wir sicher sind, dass mit unseren Hormonen und Körpern alles in Ordnung ist; ob wir deswegen schonmal bei einem Arzt waren. Aber diese Leute verstehen meistens nicht, was sexuelle Anziehung ist.

Natürlich gibt es auch Menschen, die "nur" einen sehr schwachen, kaum vorhandenen Sex Drive haben und sich asexuell nennen, weil sie den Unterschied nicht kennen. Von mir aus kann sich jede/r als das bezeichnen was sie/er will. Dafür muss man keine Liste an Kriterien erfüllen.
Die Asexuellen-Community nimmt auch gerne die Menschen auf, die einen sehr niedrigen Sex Drive haben. Wir sind da nicht so ;-)

Disclaimer: dieser Blogeintrag basiert auf meiner Online-Recherche, meiner eigenen Erfahrung und der Erzählung anderer Asexueller - falls irgendwas davon falsch ist tut es mir leid und ich bin froh um jedes Input, von dem ich mehr lernen kann!

Samstag, 3. Februar 2018

Asexualität ist nicht leicht.

Mein heutiger Blogeintrag ist eine Übersetzung eines Tumblr-Beitrages, den ich mir immer und immer wieder durchlese. Der Text wurde nicht von mir verfasst, spiegelt aber meine eigenen Gedanken und Gefühle sehr gut wieder. Ich habe den Beitrag sinngemäß übersetzt. Dabei habe ich meine eigenen Worte verwendet und Aussagen minimal angepasst.



Asexualität ist nicht leicht.

Es ist nicht leicht, zu denken, dass etwas mit dir nicht stimmt,

nur, weil du das Wort noch nie gehört hast.

Es ist nicht leicht von etwas umgeben zu sein, an dem man nicht interessiert ist.

Es ist nicht leicht, zu akzeptieren, dass man nicht kaputt ist.

Asexualität ist nicht leicht.

Es bedeutet, keine Repräsentation zu haben.

Es bedeutet, sich erklären zu müssen, jedes mal wenn man sich outet,

nur, weil Menschen das Wort noch nie gehört haben.

Es bedeutet, gefragt zu werden, wie man ohne Sex leben kann,

Es bedeutet, sehr persönliche Fragen gestellt zu bekommen,

aber sie trotzdem zu beantworten, weil Repräsentation wichtig ist.

Es bedeutet, gesagt zu bekommen, dass 1% keine bedeutende Zahl ist.

Es bedeutet, Menschen glauben dir nicht.

Asexualität ist nicht leicht.

Es ist nicht leicht, gesagt zu bekommen, dass man nicht lieben kann,

oder gesagt zu bekommen, dass das A (in LGBTQIA+) für "Ally" [=Verbündeter] steht.

Asexualität bedeutet, nicht vollkommen als "queer" anerkannt zu werden,

oder als "straight" [=hetero]

Es bedeutet, gesagt zu bekommen, dass man noch nicht die richtige Person gefunden hat,

und gefragt zu werden, wie man sich sicher sein kann, wenn man es nie probiert hat.

Es ist nicht leicht, von etwas umgeben zu sein, das einem unangenehm ist.

Es ist nicht leicht, sich schuldig zu fühlen, weil man sich nicht gleich am Anfang einer Beziehung geoutet hat.

Es bedeutet, nach Repräsentation zu fragen und alles über LGBT zu erfahren.

Asexualität ist nicht leicht.

Es bedeutet, Menschen verstehen dich nicht,

oder Menschen versuchen nicht einmal, dich zu verstehen.

Es bedeutet, Menschen dringen in deine Privatsphäre ein,

und missachten deine persönlichen Grenzen.

Es bedeutet, schmutzige Witze nicht zu verstehen,

und es bedeutet, peinlich berührt zu sein, wenn jemand dir einen Witz erklärt, den du verstanden hast,

oder jemand, der dir sagt, dass du es nicht verstehen kannst, weil du asexuell bist.

Asexualität ist nicht leicht.

Es bedeutet, sich schuldig zu fühlen, weil man ist, wie man ist,

und Angst zu haben, dass ein Outing Beziehungen zerstören wird.

Es bedeutet, anders behandelt zu werden, nachdem man sich geoutet hat,

weil du es bist.

Es bedeutet, Menschen erzählen es anderen, bei denen du dich nicht geoutet hast,

weil es keine große Sache ist.

Aber es ist eine große Sache für mich.

Asexualität bedeutet, das Wort zu finden,

es bedeutet, seine Identität zu finden und sich sofort kaputt zu fühlen.

Aber zu wissen, dass man damit klar kommen muss.

Es bedeutet, Freunde werden sich unwohl fühlen, weil du dich damit identifizierst.

Es bedeutet, gesagt zu bekommen, dass man sich selbst belügt.

Asexualität ist nicht leicht.

Aber das bin ich.

Ich bin es.

Und ich bin stolz darauf, asexuell zu sein.




Hier findet ihr den originalen Text:
http://thehumorousace.tumblr.com/post/167925580211/asexuality-is-not-easy