Dienstag, 22. November 2016

Die Augenbrauen

- frei nacherzählt von http://www.aven-info.de/asexualitaet/asex16.html -

Stellt dir vor, du lebst in einer Welt in der sich so gut wie alles um Augenbrauen dreht:
Wer präsentiert seine Augenbrauen wie? Welches Produkt macht die Augenbrauen am attraktivsten?
Augenbrauen überall.

Das tollste was man angeblich mit seinem Partner oder jemandem mit schönen Augenbrauen machen kann ist diese Augenbrauen anzufassen oder sogar abzulecken. (Ja, du hast richtig gelesen, bitte lies weiter!)

Wenn du jetzt fragst "was soll diese seltsame Geschichte, Klara?!"
Dann frag ich dich:
Du weißt, dass Augenbrauen existieren, oder?
Du kannst schöne Augenbrauen erkennen und sie an Personen attraktiv finden, richtig? Und trotzdem hast du nicht wirklich das (dringende) Bedürfnis sie anzufassen oder sogar abzulecken..
Du möchtest nicht, dass jede Unterhaltung auf irgendeine Art von Augenbrauen handelt, oder jeder Mensch, der dich in einer Bar anredet nur an deine Augenbrauen will. Du hast doch viel mehr zu bieten als nur Augenbrauen!

Tja. So ungefähr fühlt man sich als Asexueller in dieser sexuellen Welt.

Wir können nicht nachvollziehen wieso sich alles um Sex drehen muss.

Ich fühle mich in dieser Welt so, wie du dich in der Welt der Augenbrauen fühlen würdest.

Ich hoffe dieses Beispiel hilft denjenigen von euch, die Schwierigkeiten haben meine Sicht (und die von anderen asexuellen Menschen) auf diese Welt zu verstehen.

Samstag, 12. November 2016

Schlechte Tage

Wie ich schonmal geschrieben habe: Ich komme gut mit meiner Asexualität klar. Ich vermisse nichts und bin meistens relativ optimistisch, was die Zukunft damit betrifft.

Allerdings habe ich vor kurzem einen Beitrag eines asexuellen Studenten aus England gelesen, der mir aus der Seele gesprochen hat. Ich habe ihn gefunden, als ich im Mai auf Youtube nach asexuellen Vloggern gesucht habe, um mich mehr zu informieren. Er spricht sehr gut und offen über seine Gefühle und verschiedene Situationen des Alltags als Asexueller.
In dem Beitrag, den er vor ungefähr einer Woche auf Instagram veröffentlicht hat, teilte er einen Ausschnitt einer Unterhaltung mit einem Mädchen, dass ihm gesagt hat, sie könne sich keine Beziehung mit ihm vorstellen. Unter dem Screenshot hat er darüber geschimpft, dass er sich in solchen Momenten oft wünscht „normal“ zu sein.

Diese Gefühle kenne ich nur zu gut. Ich weiß, dass ich auf meine Art normal und richtig bin. Aber das Leben ist nicht leicht, wenn man nicht dem „Standard“ dieser Gesellschaft entspricht. Ich bin froh, dass Homosexuelle inzwischen immer mehr Akzeptanz finden, allerdings kann man bei ihnen immer noch mit „Liebe ist Liebe“ argumentieren. Aber Liebe ohne sexuelle Anziehung ist für viele Menschen nicht nachvollziehbar. Wir Asexuelle gelten als seltsam, krank oder gestört und viele Menschen können sich weder eine Beziehung, geschweige denn ein ganzes Leben ohne Sex vorstellen.

Ein Facebookbeitrag über eine Beziehung eines Sexuellen mit einer Asexuellen, den ich vor kurzem gesehen habe, hatte viele sehr verurteilende Kommentare.
Darin haben Menschen geschrieben, dass es dem Mann gegenüber nicht fair ist, dass die Frau es ihm nicht gönnt seine sexuellen Triebe auszuleben, dass er etwas „Besseres“ verdient hat als das.

Diese Kommentare haben mich sehr verletzt und beunruhigt.

Sie deuten an, dass eine Beziehung ohne Sex für einen sexuellen Menschen unerträglich ist. Und diese ‚Tatsache‘ zusammen mit dem Problem, dass viele Männer nicht zugeben könnten asexuell zu sein, bestätigt meine Sorgen, dass ich nie eine normale Beziehung führen werde. Denn die wenigen asexuellen Männer die ich bisher online gefunden habe, passen entweder nicht zu mir oder leben in anderen Ländern der Welt, was die Kommunikation und schlussendlich eine Beziehung sehr viel komplizierter machen.

An solchen Tagen wünsche ich mir SO SEHR ich wäre sexuell oder zumindest aromantisch. Denn romantische Asexuelle haben es nicht so leicht wie manche vielleicht gedacht haben.


Mir ist aber wichtig noch einmal zu erwähnen, dass ich echt glücklich bin, dass ich genau so bin wie ich bin. Und die schlechten Tage vergehen auch wieder! :)

Samstag, 5. November 2016

Vermutungen

Was ich weniger persönlich und eher von außen mitbekomme ist, dass einige Menschen sexuelle Orientierungen anderer oft durch Vorurteile und Klischees vermuten.
Zum Beispiel habe ich es bei Outings ein paar mal erlebt, dass jemand nach meiner Erklärung gemeint hat "Oh, Person XY wirkt auch so als wäre sie asexuell. Das muss es wohl sein."
Und das finde ich einfach nicht fair.

Zuerst ist es ganz wichtig, dass jeder Mensch für sich seine sexuelle Orientierung erkennt und nicht von anderen in eine hineingeredet wird. Ich habe auch mit Freunden geredet, die gesagt haben, dass sie meine Gefühle (was sexuelle Anziehung betrifft) nachvollziehen können. Sind diese Menschen asexuell? Das können sie nur selbst wissen.

Manchmal ertappe ich mich auch dabei, dass ich voreilige Schlüsse ziehe, wenn ich jemanden kennen lerne. Basierend auf Klischees und Verhalten gebe ich den Menschen innerlich zu schnell die Label "schwul"/"lesbisch"/"hetero"/"sexuell"/... Aber ich versuche mich zu bessern und damit aufzuhören, weil ich das selber auch nicht möchte.

Viel besser wäre es, wenn man so offen über seine sexuelle Orientierung reden könnte (aber nicht muss!) wie über sein Studium/Job und ob man Geschwister hat.

Ich kenne einen Mann, der gerade in einer Beziehung mit einem anderen Mann ist - ganz viele denken seither er ist schwul. Allerdings identifiziert er sich als bisexuell. Und ihn schwul zu nennen ist meiner Meinung nach sehr respektlos.
Das selbe gilt für bisexuelle Menschen, die in einer Beziehung mit einer Person des anderen Geschlechts sind. Sie sind trotzdem bisexuell.

Aber das hängt vermutlich damit zusammen, dass in unserer Gesellschaft jeder als heterosexuell gilt, bis etwas anderes "bewiesen" wird. Und wenn eine Person jemanden vom selben Geschlecht küsst, ist diese sofort homosexuell.

Dieses schwarz/weiß Denken ist sehr veraltet und sollte bitte ganz schnell abgeschafft werden.
Bis eine Person selber über sich sagt, welcher Orientierung sie sich zugehörig fühlt, sollten wir das also am besten offen lassen. Es geht uns nämlich nichts an, wenn es die Person selber nicht teilen will.

Und zum Schluss noch: sexuelle und romantische Orientierungen sind wandelbar. Das bedeutet, dass eine Person, die sich einmal als heterosexuell identifiziert hat, später im Leben durchaus bisexuell oder sonst etwas sein kann.

Und auch das müssen wir akzeptieren.

"HÖR AUF ZU VERMUTEN!"