Heute ist internationaler Coming-out Tag.
Und das ist für mich die perfekte Gelegenheit, diesen Blogeintrag zu schreiben.
Nachdem meine Verwandten, Freund*innen und inzwischen auch Arbeitskolleg*innen alle von meiner Asexualität erfahren haben (oder zumindest mehr als genug Chancen gehabt hätten es herauszufinden) bliebt mir noch ein Lebensbereich, in dem ich mich outen muss/will:
Beim Daten.
Ich date unregelmäßig. Ich lerne mal wen kennen, dann klappt das meistens nicht auf Dauer, dann ist man eine Weile traurig und irgendwann, in einer nicht unbedingt nüchternen Nacht holt man sich dann doch wieder eine Dating-App.
(So lautet die unkomplizierte Kurzfassung - ich erspare euch die ganzen damit verbundenen Höhen und Tiefen)
Natürlich habe ich auch schon offline Menschen kennengelernt, die ich gedatet habe oder bei denen ich es in Betracht gezogen habe sie zu daten.
Daten, sollte ich vielleicht noch definieren, ist für mich die Zeit zwischen dem ersten Kennenlernen und dem Zeitpunkt an dem man beschließt, in einer festen Beziehung zu sein oder eben dem Zeitpunkt, wenn mindestens eine der beiden Personen beschließt, den*die andere*n nicht mehr auf romantischer Ebene treffen zu wollen.
Vor wenigen Jahren noch fand ich es unvorstellbar, gleich am Anfang einem Mann von meiner Asexualität zu erzählen. Ich war mir immer unsicher, wann der richtige Zeitpunkt ist. Ich hatte lange diese Traumvorstellung von diesem perfekten Moment, in dem es mir einfach leicht fällt darüber zu reden und mein Gegenüber "bereit ist" davon zu hören.
Aber ich denke so einen perfekten Moment gibt's nicht.
Und weil ich manchmal das Gefühl hatte, dass ich viel zu lange mit dieser "Information" gewartet habe, wurde ich mit der Zeit mutiger.
Inzwischen habe ich Erfahrungen mit Outing in der Datingwelt gesammelt, von denen ich drei teilen möchte.
"Dude #1"
Dude #1 habe ich tatsächlich in der "echten Welt" kennengelernt. Damals, als die Clubs noch geöffnet waren - ach, die gute alte Zeit vor März 2020..
Wir haben uns gleich gut verstanden, den restlichen Abend im Club zusammen verbracht und am Ende Nummern ausgetauscht.
Wir hatten danach ein sehr schönes erstes Date und uns auch beim zweiten Date gut unterhalten.
Deshalb dachte ich mir gegen Ende vom 2.Date, wieso nicht einfach mal sehen wie er reagiert?
Ich habe den Satz "Ich bin asexuell" gesagt und in seinem Gesicht nur Verwirrung und auch einen Hauch Enttäuschung gesehen. Das hat's schwer gemacht die Erklärung, was das für mich und "uns" bedeutet zu liefern, ohne sehr, sehr nervös und unsicher zu werden.
Und ab dem Zeitpunkt war er seltsam.
Er hatte kaum Fragen, wusste nicht genau was er tun soll. Die Unterhaltung, die ich mir gewünscht hätte, wie es ihm damit geht und ob er sich das so vorstellen könnte, gab es nie.
Es gab zwar noch weitere Treffen, aber ich hatte nie das Gefühl, dass er es "verkraftet" hat und irgendwie stand das durchgehend zwischen uns.
"Dude #2"
Als ich Dude #2 auf einer Dating-App kennengelernt habe fand ich ihn sofort sympathisch. Wir hatten beim Schreiben von Anfang an eine sehr gute Kommunikation und waren beide der Meinung, dass wir uns bald persönlich kennenlernen sollten. Aber er wollte mir davor noch etwas zu seiner Lebenssituation erzählen, die etwas kompliziert war. Genauere Infos zu Dude #2 teile ich hier nicht, weil sie für den Inhalt dieses Blogs nicht relevant sind.
Nachdem er so ehrlich und offen von sich erzählt hat, wollte ich nachziehen und hatte in dem Moment genug Mut, um es einfach zu schreiben.
Zu meinem Glück war er sehr interessiert und nicht abgeschreckt. Vielleicht denke ich das auch nur, weil ich seinen Gesichtsausdruck nicht gesehen habe.
Wir hatten dann in Textform schon eine sehr ausführliche Unterhaltung darüber, was das genau bedeutet und er hatte sehr viele Fragen. Wirklich SEHR VIELE!! Aber das war mir lieber, als die verschlossene Reaktion von Dude #1.
Wir haben uns kurz danach getroffen und auch persönlich viel darüber geredet.. es war eine wirklich schöne Erfahrung, mit einem potentiellen Partner so offene Gespräche über Asexualität zu haben.
Das Problem dabei war, dass er anscheinend nicht wusste was er "darf". Er hat nicht versucht mir körperlich (nicht sexuell, sondern generell Berührungen) näher zu kommen, obwohl die Anziehung dazu offensichtlich da war.
Und sobald mir das bewusst wurde, habe ich es angesprochen und gefragt, ob das mit meinem Outing zu tun hat.
Und daraus hat sich ein wirklich gutes Gespräch ergeben. Über Ängste, Kommunikation, Grenzen,...
Das ganze mit Dude #2 war eine wirklich positive Erfahrung, was Outing in der Datingwelt anging. Ich wünsche allen asexuellen Menschen, dass sie auf so gute Kommunikation und Offenheit stoßen wie ich sie mit Dude #2 erlebt habe.
"Dude #3"
Auch Dude #3 habe ich durch eine Dating-App kennengelernt. Dieses mal hatte ich allerdings beschlossen, von Anfang an offen zu sein. Einige Dating-Apps bieten inzwischen an, dass man seine sexuelle Orientierung und seine Geschlechtsidentität angeben kann. Deshalb habe ich einfach mal angegeben, dass ich asexuell bin.
Ich dachte mir: WIESO NICHT?
Entweder der Mann liest es und entscheidet dementsprechend ob er mich kennenlernen will oder er übersieht es und wir haben die Unterhaltung eben irgendwann.
Keiner meiner Matches hat mich darauf angesprochen. Kein einziger!
Und nachdem ich mit Dude #3 eine Zeit lang geschrieben hatte wollte er mich treffen. Aber ich wollte nach den Erfahrungen mit Dude #2 wieder von Anfang an und schon vor einem Treffen ehrlich und offen damit umgehen.
Seine Reaktion war sehr unspektakulär, vermutlich weil er mein Profil gelesen hatte. Er war sehr offen, weiter drüber zu reden und auch als wir uns persönlich getroffen haben, konnten wir gute Gespräche darüber führen.
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Ich bin wirklich froh, dass ich inzwischen ruhiger und selbstbewusster bin, wenn es darum geht in der Datingwelt zu mir selbst zu stehen und offen zu kommunizieren.
Meistens habe ich das Gespräch damit begonnen, die
verschiedenen Anziehungsarten zu erklären, über die ich schonmal in meinem Blog geschrieben habe. Das hat es meiner Meinung nach den Männern leichter gemacht, zu verstehen wovon ich spreche, wenn es um sexuelle Anziehung geht.
Mir selber geht es viel besser damit, seit ich mein Outing nicht mehr hinauszögere.
Und ich hoffe, dass sich auch andere Asexuelle trauen damit so offen umzugehen und wünsche ihnen auch so schöne und ehrliche Gespräche mit ihren (potentiellen) Partnern.